Blam, blam, blamm!!!

44er Magnum

 

Karens Vater Charlie ist ein prima Kerl. Intolerante Geister würden ihn vielleicht einen Rassisten schimpfen (weil er keine „Neger“ mag, wie er selber zugibt). Charlies Kinder haben ihm freilich auf ihre Weise beigebracht, was sie von seinen Ressentiments halten: Seine erste Tochter, Karen, hat einen Farbigen aus Samoa geheiratet, die zweite Tochter, Amy, einen Schwarzen von der US-Army, und sein Sohn Carl ist schwul. (Carls Lebensgefährte nennt Charlie liebevoll „Dad“.) Charlie seufzt tief, als er von den Schicksalsschlägen seines Lebens erzählt. Carls Lebensgefährte sei ja ein echt netter Kerl. Nur das mit dem Schwulsein, das irritiert Charlie halt. Charlie ist auf seine Art wirklich liebenswert.

Wir vertrödeln den Vormittag. Oma Chloe vergattert uns dazu, „The Sound of Music“ auf Video zu sehen: „Ihr wollt aus Österreich kommen und kennt ,Sound of Music‘ nicht?“ – „Ehrlich, Oma Chloe, von ,Sound of Music‘ (angeblich der berühmteste österreichische Film) haben wir noch nie was gehört!“ – Was für ein Fehler! (In manchen Augenblicken des Lebens lohnt es wirklich nicht, ehrlich zu sein.) Während Julie Andrews mit glockenheller Stimme trällernd und tanzend über eine Paramount-Alm wirbelt („The hiiills are fiiilled with the saaaund of muuusiiik …“), entschlummern wir sanft in zwei riesigen amerikanischen Fernsehsesseln (der erste, der diese Dinger nach Europa bringt, wird Millionär!). Oma Chloe weckt uns Stunden später mit der lieblichen Aussicht, dass wir mit ihrer ebenso lieblichen Tochter Amy in Rexburg Mittagessen gehen dürfen.

Am Nachmittag sorgt der gute alte Charlie dann für rasanten Tempowechsel: „Was, ihr wollt schon so lange in den USA sein und kennt ,The Sound of Magnum 44‘ noch nicht?“ – Entsetzt nimmt uns Charlie daraufhin mit hinaus zu seinem kleinen, privaten Schießplatz gleich neben der Tierkadavergrube der örtlichen Müllhalde (beim Vorbeifahren muss man sich halt ein bisschen die Nase zuhalten). Hier fällt es uns wie Schuppen von den Augen: Charlie ist ein kleiner Waffennarr! Rund 40 Pistolen, Revolver und Gewehre lagert er daheim unter seinem Bett. (Oma Chloe hat immer Angst, dass er eines Nachts mit Schlafstatt und Schießeisen ins Erdgeschoss durchbricht.) Und die Munition dazu bastelt er selber unten im Keller.

Charlie lässt uns also eine kleine Auswahl aus seinem Sortiment degustieren: Erst ein 22-mm-Longrifle (ziemlich treffsichere Angelegenheit), dann einen 38er Colt (der hat schon ein bisschen mehr Bumms!) und zur Belohnung, dass wir jetzt beide taub sind (Ohrenstöpsel hat Charlie leider vergessen), lässt er uns ein paar Mal mit einem 44er Magnum Revolver feuern (etwas für echte Männer ohne Trommelfell): Ab heute heißen wir Dirty Stefan und Tobi the Kid.

Hätte ich nicht selbst zwischendurch mit meiner Kamera um mich geschossen, würde ich jetzt schon sagen: „Das glaubt uns daheim keiner.“ – Seit heute Nachmittag müssen mich jedenfalls alle meine Gesprächspartner von rechts anreden. Auf dem tauben linken Ohr kann ich dafür schon den Pazifik rauschen hören.

Beim Abendessen lädt uns Cook zu seiner Familie nach Hawaii ein. Wird sich wohl nicht vermeiden lassen, da mal irgendwann vorbeizuschauen (allerdings sollten wir vorher noch die Fahrräder gegen ein Tretboot eintauschen). Danach gehen Chuck und Gabe mit uns in „Henrys Fork River“ fischen: Abgesehen davon, dass der Fluss gerade so gut wie kein Wasser führt, wir also mit dem Kanu ständig auf Grund laufen, die Angelhaken mehrmals abreißen, bis wir keine mehr haben, und wir statt Karpfen und Forellen nur jede Menge Gelsen anlocken, ein richtig schöner Angelausflug.

Ein besonderer Moment, als wir paddelnd und watend im knietiefen Wasser um eine Flussbiegung kommen und vor uns plötzlich im Halbdunkel die Brücke auftaucht, von der Stefan gestern aus zehn Meter Höhe in den Fluss („In diesen Fluss???“) gesprungen ist. „Äh, Chuck? Wie tief war das Wasser an der Brücke doch gleich?“


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Stefan & Tobi